Syrer berichteten über ihr Land und ihre Flucht

16.05.2016

Von: Sven Mohr


Mit der Flüchtlingsthematik beschäftigte sich ein Informationssabend im Kinder-, Jugend- und Familienhaus, zu dem die Initiative „Wir sind ein(S)aarlouis“ eingeladen hatte. Da ein Großteil der geflüchteten Menschen, die in Saarlouis eine neue Heimat gefunden haben, aus Syrien stammt, richtete man den Blick an diesem Abend dorthin. Die Flüchtlinge berichteten über ihr Land, seine Geschichte, das Alltagsgeschehen und die dramatische politische Lage, die sie am Ende zur Flucht zwang.



Fast 50 Besucher kamen in den Großen Saal des Kinder-, Jugend- und Familienhauses nach Saarlouis, um mehr über das Leben der syrischen Flüchtlinge zu erfahren. Fotos: Sven Mohr

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An diesem Abend wurden mehrere Bilder und Videos über das Leben und die Situation in Syrien gezeigt – vor und nach dem Beginn des Bürgerkrieges Anfang 2011.

Zum Abschluss der Fragerunde überreichte die Kinderbeauftragte Corinna Bast Keramikäpfel als Sinnbild dafür, dass Dinge Zeit zum reifen benötigen – so auch die Integration. Bürgermeisterin Marion Jost, Kinderbeauftragte Corinna Bast, Oberbürgermeister Roland Henz sowie Mitglieder des Projektes „Wir sind ein(S)aarlouis (v.r.n.l.) waren dabei.

Aus der Asylantenstatistik der Bundesregierung von 2015 geht hervor, dass im vergangenen Jahr schätzungsweise 1,1 Millionen Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Mit rund 428.000 Menschen stellten die Menschen aus Syrien den größten Anteil dar, vor Schutzsuchenden aus Afghanistan mit rund 154.000, dem Irak mit etwa 122.000, Albanern und Menschen aus dem Kosovo. Nach Angaben der saarländischen Landesregierung wurden im Saarland im letzten Jahr rund 13.600 Flüchtlinge aufgenommen, registriert und auf die Kommunen verteilt. Ende des Jahres wurden so rund 600 Schutzsuchende in Saarlouis aufgenommen. Dabei spielt schnelle und nachhaltige Integration eine große Rolle.


In einem Kurzfilm präsentierte Anas Abdu Aziz, selbst geflüchtet und seit Februar 2015 in Saarlouis lebend, sein Heimatland. Das fast 4.000 Kilometer entfernte Syrien ist ungefähr halb so groß wie Deutschland und bot bis zum Jahr 2011 fast 23 Millionen Menschen ein Zuhause. In dem Einführungsvideo konnten die fast 50 anwesenden Besucher ein Land mit einer stolzen Geschichte, Tradition, prunkvollen Burgen, Moscheen, gefüllten Straßen, lebhaftem Treiben auf den Basaren und vieles mehr erkennen. Doch nach ein paar Minuten der Bruch - eine tragische Wende. Plötzlich waren nur noch zerstörte Häuser, verwüstete Landschaften und unbewohnbare Stadtviertel zu sehen. 


Nach dem Arabischen Frühling, der vor fast sechs Jahren in Tunesien ausgelöst wurde, kam es ab März 2011 auch in Syrien zu Protesten gegen die Regierung des Staatspräsidenten Baschar al-Assad. Was am Anfang als Protest begann, entwickelte sich im Laufe der nächsten Monate zu einem Bürgerkrieg. Immer mehr politisch motivierte Gruppierungen betraten seit 2011 die Bühne, Fronten verhärteten sich, es kamen immer verschiedenere Gruppierungen ins Land, die die Vormachtstellung in Syrien ergreifen oder erhalten wollten. Im Jahr 2014 betrat plötzlich auch ISIS syrischen Boden und verschlimmerte die Lage weiter. Die syrische Zivilbevölkerung wurde nochmals mehr ins Kreuzfeuer genommen. Inzwischen geht man von über 300.000 getöteten Menschen aus, die Infrastruktur und die Wirtschaft des Landes sind fast zusammengebrochen.  Ein menschenwürdiges Leben ist dort derzeit nicht mehr vorstellbar.


Seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges ist fast die Hälfte der Syrer auf der Flucht, entweder innerhalb des Landes, oder sie verließen ihre Heimat ganz. Nach Angaben des UNHCR haben rund 4,8 Millionen Menschen bislang das Land verlassen. Viele der Geflüchteten gingen bisher  in die direkt benachbarten Aufnahmeländer, die aber mit der Flut von Menschen komplett überfordert sind. So flüchtete im letzten Jahr über eine halbe Million Syrer auf eine Faust und Kosten nach Europa. Wie aus den Medien zu erfahren, kamen viele der Menschen bei ihrer Überfahrt ums Leben. Auch Ammar Aljzmati erzählte von seiner beschwerlichen Reise über die sogenannte "Balkanroute". In einem Video des Fotojournalisten Harry Chan konnten die Besucher im Kinder-, Jugend- und Familienhaus nochmals mitempfinden, wie beschwerlich alleine nur die Überfahrten über das Mittelmeer von der Türkei bis nach Griechenland war.


Überraschend für viele Besucher war die Tatsache, dass es zu Friedenszeiten in Syrien keine nennenswerten Probleme zwischen den einzelnen religiösen Gruppierungen im Land gab. Dieser Konflikt entstand erst durch den Ausbruch des Bürgerkrieges. "Wir werden entweder sterben, oder gezwungen, unsere Brüder zu töten", begann zunächst das Einführungsvideo des Abends, das die ernste Lage des Landes aufwies. Jedoch endete das gleiche Video mit den Worten: Es gibt Hoffnung.


In der anschließenden Runde Fragerunde wurden viele interessante Aspekte behandelt. Unter den Anwesenden des Abends waren auch Oberbürgermeister Roland Henz, Bürgermeisterin Marion Jost, Integrationsbeauftragte Christiane Bähr und die Kinderbeauftragte Corinna Bast, die den Informationsabend gemeinsam mit den syrischen Flüchtlingen organisierte.


 

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