Lesung von Dominik Bloh zeigt die Fehler im Sozialsystem
06.10.2022
Von: Michael Leinenbach / Veranstalter
Zu dringenden Aufgaben, denen sich die deutsche Gesellschaft stellen muss, gehören neben der Ökologie, die soziale Teilhabe sowie die Stärkung der Demokratie, so Dominik Bloh. Anfang Oktober 2022 fand eine Hybridveranstaltung mit dem Autor des Buches „Unter Palmen aus Stahl“, Dominik Bloh, in Saarlouis statt. Veranstaltet wurde die Autorenlesung von der Sozialplanung der Kreisstadt Saarlouis, dem „Runden Tisch Wohnungslosigkeit“ Saarlouis sowie der Katholischen Familienbildungsstätte Saarlouis.
Dominik Bloh hat in seinem Buch „Unter Palmen aus Stahl“ sein Leben, dass 10 Jahre auf der Straße stattgefunden hat, aufgearbeitet. Mit 16 Jahren schmiss ihn seine Mutter raus. Schon als Teenager geriet er dahin, wo man Deutschland von „ganz unten“ betrachtet. Mit Anfang 30 hat er seine Geschichte aufgeschrieben und seine Konsequenzen aus dieser Lebensphase sowie dem vermeintlichen Wohlfahrtsstaat gezogen. In der „Familienbildungsstätte Saarlouis“ zog er Bilanz und stellte seine Sicht der Dinge vor.
Grundsätzlich, so Bloh, verfügt Deutschland über ein soziales System und Netz für Menschen. Berücksichtigt werden muss jedoch, dass dieses Netz für viele Menschen jedoch keinen gesicherter Halt bietet und in sich löchrig ist, so dass viele „durchs Netz fallen“. An seinem eigenen Beispiel führt Dominik Bloh in seinem Buch aus, was das Fehlen von Sicherungen im Sozialsystem ausmacht und welche Konsequenzen dieses Fehlen mit sich bringt. Die Spezialisierung und Kapitalisierung im System tut, so Bloh, das Ihrige dazu.
Einen bedeutenden Punkt des „durchs Netz fallen“ sieht Bloh in der „Unsichtbarkeit“, die Menschen auf der Straße erleben. Die Straße, so Bloh, bedeutet reines überleben und hat nichts mehr mit dem bürgerlichen Leben zu tun. Auf der Straße leben heißt, dauerhaft damit beschäftigt zu seine Grundbedürfnisse zu erfüllen. Schlaf auf der Straße ist nicht möglich, was dazu führt, dass man nie erholt und körperlich angeschlagen ist. In dieser Phase sind Inhalte des bürgerlichen Lebens wie Ausbildung und Berufstätigkeit, ohne festen Wohnsitz, sehr schwierig. Dann, wenn der Halt fehlt, ist ein bürgerliches Leben nicht umsetzbar.
Bloh fordert auf, anstatt zu fordern, ein Miteinander auf Augenhöhe seitens der Akteure im Sozialstatt mit den Betroffenen durchzuführen. Seine Forderung lautet, dass „Obdachlosigkeit“ ein fester Bestandteil der Wohnungspolitik werden muss, neben Fragen wie u.a. Nebenkostenrechnung und Wohnungsbau.
Menschen aus der Obdachlosigkeit, so Bloh, benötigen Zeit um wieder ankommen zu können. Die helfenden Berufe sollten sich in all ihrem Tun darauf ausrichten, dass die Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund steht und die Hilfeform sich überflüssig machen sollte.
Menschen sollte das Selbstwertgefühl nicht weggenommen werden, auch nicht durch eine gut gemeinte Hilfe. Kommunikation auf Augenhöhe und die Wahrung der Interessen der Betroffenen, sind grundlegende Kompetenzen die seitens der Helfenden vorliegen müssen. Helfende müssen die Geschwindigkeit der Betroffenen akzeptieren und dürfen nicht ihre persönlichen Erwartungen aus der bürgerlichen Gesellschaft projektieren. Das Leben auf der Straße hat seine eigenen Regeln, die auch die Helfenden zunächst in der Kommunikation verstehen müssen. Betroffene, so Bloh, müssen in die Hilfesysteme eingebunden werden.
Dominik Bloh sieht im konkreten Handeln, der dauerhaften Kommunikation und des Netzwerken, den richtigen Weg des Engagements. Aus seiner Sicht gehören zu den dringenden Aufgaben denen sich die deutsche Geschäft stellen muss, die Ökologie, die soziale Teilhabe sowie die Stärkung der Demokratie.
Es bedarf, so Bloh, einer Transformation im System um Missstände abzuschaffen. Wesentlich ist nach seiner Meinung, dass gezielt Mittel in den Wohnungsbau fließen, die entsprechenden Wohnraum für Obdachlose schaffen und ihnen ein Ankommen in ihrer Geschwindigkeit zu ermöglichen, anstatt immer erst dann zu reagieren, wenn die Probleme auf der Straße zu Tage treten.
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