Ein Kaufhaus der besonderen Art
25.09.2013
Von: Sven Mohr
Für immer mehr Menschen in unserer Gesellschaft wird es schwieriger, sich die alltäglichen Bedarfsgegenstände des Lebens zu leisten. Gleichzeitig steigt auf anderer Seite der Überfluss an gut erhaltenen Konsumgüter die unachtsam als "Restmüll" weggeworfen werden. Seit Jahren versucht das Sozialkaufhaus, kurz genannt "´s kaufhaus Saarlouis" durch seine Arbeit aktiv einen Beitrag zur Bekämpfung der Armut in Saarlouis zu leisten. Träger des Sozialkaufhauses ist das Diakonische Werk an der Saar ( DWSAAR ). Im Interview mit der Redaktion des "Lokalen Bündnis in Saarlouis" stellt die Leiterin das Saarlouiser Sozialkaufhaus vor und geht auf aktuelle Bedarfsprobleme ein.
Seit wann gibt es das Sozialkaufhaus in Saarlouis?
Das Sozialkaufhaus gibt es seit Juli 2009.
Mit wie vielen Mitarbeiten arbeiten Sie hier in der Pavillonstraße?
Bei dem Eröffnungstermin 2009 hatten wir mit 9 Beschäftigten begonnen - aktuell sind es um die 20 Bürgerarbeiter/innen sowie zwei hauptamtliche Mitarbeiter. Die Beschäftigten arbeiten gemeinschaftlich auf einer Verkaufsfläche von etwas über 800 qm. Bei der Bürgerarbeit handelt es sich um ein Modellprojekt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). Hier soll Langzeitarbeitslosen die Möglichkeit gegeben werden, sich durch unterschiedliche Arbeitsmaßnahmen, fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Unterstützt werden wir von weiteren Beschäftigungsmaßnahmen, die viel Vorarbeit leisten.
Können Sie uns hier einige nennen?
Dazu gehören beispielsweise unsere zuliefernden Saarlouiser Projekte, wie die "Fahrrad-Service-Station", das "Möbelprojekt“ in Kooperation mit IKEA-Saarlouis (Bereich Möbelrücknahmen) und das Recycling-Projekt in Kooperation mit dem Wertstoffhof Saarlouis. Dank der guten Vorarbeit der zusätzlichen Beschäftigungsmaßnahmen, können wir uns hier im Sozialkaufhaus auf den reinen Verkauf der Ware beschränken.
Im Gegensatz zu einem "normalen" Kaufhaus, erwirtschaften Sie keinen Gewinn. Wie finanziert sich das Sozialkaufhaus?
Träger des Sozialkaufhauses in Saarlouis ist das "DIAKONISCHE WERK AN DER SAAR" (DWSAAR). Das DWSAAR ist eine Gesellschaft der evangelischen Kirchenkreise Saar-Ost und Saar-West und zugleich der evangelische Wohlfahrtsverband an der Saar. Des weiteren werden wir unterstützt von der Kreisstadt Saarlouis, dem Jobcenter im Landkreis Saarlouis, aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Eigenmitteln der evangelischen Kirche. Auch zu erwähnen sind viele große und kleine regionale Firmen.
Welche Firmen wären das?
Zu erwähnen sind hier die Firmen Ikea, Globus, Möbel Martin Ensdorf und viele kleine umliegende Firmen, die uns durch ihre Sachspenden tatkräftig in unserer Arbeit unterstützen.
Stellen Sie uns kurz vor, was man alles im Sozialkaufhaus in Saarlouis kaufen kann.
Außer Lebensmittel alles. Wir haben eine große Sortimentsbreite/-tiefe. Von der Bekleidung für jedes Alter, Spielsachen, Schmuck, Fahrräder, Bücher, Hausrat, diverse Elektrogeräte hin zu kompletten Möbelgarnituren kann man bei uns alles bekommen. Auf jedem Artikel ist ein Preis, somit kann jeder Kunde direkt sehen, wie viel es kostet. Die Preise sind hier sehr niedrig, damit sich auch unsere Zielgruppe diese Dinge leisten kann. Durch unseren hohen Qualitätsstandard kann der Kunde aus hochwertigen Gebrauchswaren sowie neuen Waren wählen. Auf Elektrogeräte und Fahrräder bekommen unsere Kunden sogar noch zusätzlich ein Jahr Garantie.
Wer kann alles bei Ihnen einkaufen?
Grundsätzlich jeder der möchte. Aus dem größten Teil der angebotenen Ware darf jeder wählen. Auf die ausgezeichneten Preise erhalten bedürftige Menschen, bei Nachweis eines Ausweises, einen Nachlass in Höhe von 20 %. Auf einer kleinen Verkaufsfläche haben wir auch sogenannte "Mangelwaren", welche nur den bedürftigen Kunden vorbehalten sind. Dazu zählen unter anderem Elektroherde, Küchen, Matratzen oder auch Waren aus dem IKEA-Möbelprojekt – also Waren, welche besonders begehrt sind und an denen wir hier in der Menge einen absoluten Mangel haben.
Wer gilt als bedürftig?
Das sind Menschen die beispielsweise ALG II beziehen müssen, 1 Euro Jobber/innen, Alleinerziehende mit Kindern oder auch Rentner/innen mit kleinem Einkommen, BAföG-Empfänger/innen sowie auch Menschen die plötzlich in prekäre Lebensumstände geraten sind.
Kaufen Sie auch Ware zu oder handelt es sich bei all den angebotenen Waren um Sachspenden? Wie hoch ist die Spendenbereitschaft in Saarlouis?
Wir kaufen nichts zu. Alle Waren auf unserer Verkaufsfläche sind Sachspenden. Wir erhalten die Spenden von Firmen, durch Beispielsweise dem IKEA-Möbelprojekt oder auch durch die gute Zusammenarbeit mit Möbel Martin und besonders durch Privatmenschen. Die Spendenbereitschaft der Saarlouiser Bürger ist sehr groß! Wir erhalten zu fast 99 % gute Waren, welche wir ohne großen Aufwand an bedürftige Menschen weiter geben können. Grundsätzlich nehmen wir fast alles, was in einem guten Zustand ist. Größere Möbelstücke können wir nach Absprache im Landkreis Saarlouis auch abholen. Gegen eine geringe Gebühr, werden bei uns gekaufte Möbelstücke auch im Landkreis Saarlouis bis vor die Haustür gebracht.
Gibt es Waren, die besonders benötigt werden und an wen kann man sich wenden wenn man etwas spenden möchte?
Zurzeit benötigen wir dringend Winterbekleidung für jedes Alter. Über passende Kleidung für die kalte Jahreszeit würden wir uns sehr freuen. Kleider und auch andere Sachspenden können gerne bei uns vor Ort abgegeben werden. Unser Sozialkaufhaus befindet sich in der Pavillonstraße 45 in Saarlouis – nahe dem Globus. Größere Mengen, besonders auch Möbelstücke, können nach Absprache gerne auch im Landkreis Saarlouis vor Ort abgeholt werden. Telefonisch zu erreichen sind wir unter der 06831 - 46993, Fax: 06831 - 4877979 oder per Email unter skaufhaus-sls@dwsaar.de. Unsere Öffnungszeiten sind Montag 9 bis 16 Uhr, Dienstag und Donnerstag 9 bis 18 Uhr, Freitag 9 bis 12 Uhr, sowie jeden 1. Samstag im Monat von 9 bis 12 Uhr.
Was machen Sie mit überschüssigen Waren, oder landen alle Sachspenden auch beim "Endkunden"?
Glücklicherweise finden fast alle Sachspenden einen Abnehmer. Sollte der ein oder andere Artikel nicht direkt verkauft werden, drehen wir solange an der Preisschraube, bis die Ware nur noch für einen "symbolischen" Betrag angeboten wird. Sollte auch dies nicht ausreichend sein, werden diese Artikel auch verschenkt. Durch diese Maßnahmen müssen wir fast nichts wegwerfen. Neben dem sozialen Aspekt, ist diese Maßnahme auch aus ökologischer Sicht ein Gewinn für die Gesellschaft, denn die Waren bleiben im Wertstoff-Kreislauf und werden nicht einfach zu Müll.
Kommen wir zum Ende des Interviews und der Frage: Wie wird das Sozialkaufhaus angenommen - steigt die Nachfrage?
Im Laufe der letzten Jahren hat sich das Sozialkaufhaus, von vielen einfach "´s kaufhaus" genannt, etabliert. Viele Menschen kommen hier her um sich umzuschauen, egal ob bedürftig oder nicht. Seit über zwei Jahren gibt es bei uns auch ein "Café Eck", welches zu geselligen Runden einlädt und von den Kunden sehr gerne angenommen wird. Für nur 80 Cent kann der Kunde einen „fair gehandelten Café“ trinken. Bei uns fühlen sich alle Kunden gleich. Nun zu dem zweiten Teil der Frage. Ja die Nachfrage steigt stetig. Durchschnittlich haben wir zwischen 5.000 bis 6.000 Kunden pro Monat, davon ca. 3.500 Käufer. Im letzten Jahr wurden fast 123.000 Artikel verkauft, davon ca. 43.000 Kleidungsstücke.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Sozialkaufhauses?
Bei der steigenden Nachfrage sind wir auch weiterhin auf die große und bereitwillige Spendenfreudigkeit aus der Saarlouiser Bevölkerung angewiesen. Egal ob Privatperson oder Firma, wir nehmen auch weiterhin sehr gerne Sachspenden entgegen. Gemeinsam mit unseren Partnern werden wir auch weiterhin versuchen, mit unserem Sozialkaufhaus aktiv einen Beitrag gegen die Armut in Saarlouis zu leisten. Die Spenden kommen den Menschen direkt vor Ort zu Gute. Aktuellen würden wir uns, wie eben schon gesagt, über Winterbekleidung sehr freuen.
Wir danken für das Interview.
Das Interview führte Sven Mohr von der Redaktion "Lokale Bündnisse für Saarlouis" mit Heike Goebel, Leiterin des Sozialkaufhauses in Saarlouis.
Kontakt
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- Sven Mohr
- Nebenamtlicher Redaktionsleiter
- Lokales Bündnis für Familien Saarlouis - Faire Stadt Saarlouis